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PSA (Prostata-spezifisches Antigen) – Viel Wirbel um Nichts?

Die zahlreichen Diskussionen in Talk-Shows und die Stellungnahmen, verschiedener Experten haben nicht unbedingt das erreicht, was beabsichtigt war: den Patienten zu informieren und Klarheit zu schaffen.

Als niedergelassener Urologe stelle ich täglich fest, dass meine Patienten verunsichert und verwirrt sind. Leider kann ich nicht jedem einen Vortrag zu dem Thema halten. Die Medienberichte haben aber dazu geführt, dass jede PSA-Untersuchung erst einmal diskutiert und in Frage gestellt wird.

Meine Frage an die Experten: Wer von Ihnen meine Herren, verzichtet gänzlich auf die jährliche Bestimmung seines PSA-Wertes? Und welche Methoden der Früherkennung sind sinnvoll? Rektaler Tastbefund? Ultraschall-Untersuchung?

Wir können auch komplett auf die Früherkennung verzichten und die Patienten erst dann behandeln, wenn sie symptomatisch werden. D.h. auf Deutsch: erst wenn sie Schmerzen bekommen von ihren Knochenmetastasen, oder wenn sie eine Blutarmut (Anämie) bekommen. Dann ist zumindest gewährleistet, dass wir keinen über-therapiert haben. Sollen wir das wirklich so machen, um zu verhindern, dass wir möglicherweise einige Patienten behandeln, die man unter Umständen nicht hätte behandeln müssen? Um dann viel mehr Patienten im fortgeschrittenen, unheilbaren Zustand zu diagnostizieren?

Also: zurück in die Steinzeit. Ich will nicht übertreiben: Zurück ins Mittelalter!

Meine Meinung zu dem PSA: Es ist ein Werkzeug. Es liefert uns einen Hinweis, eine zusätzliche Information. Wir sollten es auf gar keinen Fall als Tumormarker einsetzen. Es ist definitiv kein Tumormarker. Man sollte das PSA nicht überbelasten. Dann ist es eine wichtige Waffe in der Diagnostik des Prostatakarzinoms.

Die Wertigkeit des PSA-Wertes ist gegeben. Allerdings gibt es keinen Cut-off, d.h. es gibt keinen Normalwert, keinen Schwellenwert und der Verlauf ist bei jedem Mann anders. Die Diagnostik sollte durch moderne Bildgebende Verfahren (Ultraschall, Elastographie) und klinische Untersuchung komplettiert werden. Dann wird eine runde Sache draus.

Ich hoffe nur, dass die Medien schnell auf ein anderes Thema kommen, damit wir Urologen ungestört unser Arbeit weiter machen können.

Prostatakrebs: Wie Effektiv ist die „gesetzliche“ Früherkennungsuntersuchung (Vorsorge)?

Viele wissen es bereits: bei Männern ab 45. Jahren übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Prostata-Krebsfrüherkennungs-Untersuchung (auch Vorsorge genannt).

Doch die meisten wissen nicht, was diese Untersuchung beinhaltet. Und noch weniger kennen die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Vorgaben der Krankenkassen. Im Gesetzetext ist dabei die Rede von „…zwechmäßig wirtschaftlich und ausreichend…“

12 SGB V – Sozialgesetzbuch

Wer sich noch an die Schulzeit erinnern kann heißt ausreichend auch Vier (4) !

Ehrlich gesagt ist die Untersuchung, die von der gesetzlichen Krankenkasse Übernommen wird: das Austasten der Prostata mit dem Finger, durch den Enddarm. Und meine persönliche Meinung und wahrscheinlich auch die Überzeugung vieler Kollegen: Wenn ein Tumor durch das Tasten mit dem Finger diagnostiziert wird, ist es nicht unbedingt ein Früherkennung.

Ich persönlich habe in den letzten Monaten einige Prostatakarzinome entdeckt, die mit dem Finger nicht tastbar waren. Dies haben die operierenden Kollegen, die nachgetastet haben, bestätigen können.

Es gibt sicherlich effektivere Methoden, um einen Tumor in der Prostata nachzuweisen. Warum wird der mündige urologische Patient in die Irre geführt? Warum wird im vorgegaukelt, dass die Abtastung mit dem Finger eine privilegierte (großzügige) Leistung seiner Krankenkasse ist?

Zum Glück bieten Urologen wirklich gute (und nicht nur „ausreichende“) Untersuchungsmethoden an, die man als Zusatzleistungen buchen kann.

An die Patienten: machen Sie von diesen Leistungen Gebrauch, einmal im Jahr. Lassen Sie sich nicht mit „ausreichend“ abspeisen, Ihre Gesundheit  sollte Ihnen mindestens gut – sehr gut Wert sein.

An die Urologen: Ich mach Sie auf Ihre Pflicht aufmerksam. Sie dürfen keinem Patienten die Information vorenthalten, dass es bessere Untersuchungsmethoden gibt als das Abtasten mit dem Finger. Wenn Sie ein Karzinom übersehen, dann wird der Patient argumentieren können: „Wenn es andere, bessere Methoden gibt, um einen Prostatakrebs zu erkennen, wieso haben Sie mich nicht darüber informiert? Ich hätte gerne die Selbstzahler-Leistung in Anspruch genommen“, wenn ich das gewußt hätte“. Und dann haben Sie ein Problem.